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Nachbar Polen - was ist los?

Nachbar Polen - was ist los? MDR Heute im Osten, Osteuropa, PIS, Kaczynski,

    17.2.2016
    Przemysław wohnt unweit der ehemaligen Lenin-Werft. Hier hatte der Kampf um Polens Freiheit begonnen - mit großen Streiks im Sommer 1980. Gemeinsam besuchen wir diesen geschichtsträchtigen Ort, an dem Polens Weg zur Demokratie begann. Heute erinnert ein Monument an jene Zeit - drei schlanke Kreuze, die in den Himmel ragen.

    Cezary.Bazydlo, 2/18/2016 7:45:59 PM Uhr

    17.2.2016
    Hier, wo die Generation unserer Eltern um Freiheit und Demokratie gekämpft hat, frage ich Przemysław, ob die Demokratie in Polen heute bedroht sei. "Ganz im Gegenteil", antwortet er. Die Aufmärsche der Gegner und der Befürworter der neuen Regierung, zu denen vor wenigen Wochen Tausende Menschen gekommen waren, zeigen seiner Ansicht nach, dass es um die Demokratie in Polen ganz gut bestellt ist. Denn auch heute, Jahrzehnte nach den Streiks von 1980, seien die Polen bereit, den Mund aufzumachen.

    Cezary.Bazydlo, 2/18/2016 7:51:19 PM Uhr

    17.2.2016

    Cezary.Bazydlo, 2/18/2016 7:58:06 PM Uhr

    17.2.2016

    Cezary.Bazydlo, 2/18/2016 8:09:28 PM Uhr

    Hier können Sie sich selber einmal auf dem Platz vor der legendären ehemaligen Lenin-Werft umsehen!

    Heute im Osten, 2/18/2016 8:12:00 PM Uhr
    Cezary.Bazydlo, 2/18/2016 8:14:03 PM Uhr

    18.2.2016
    Heute besuche ich das Institut für Politikwissenschaften der Universität Danzig. Ich treffe hier Dr. Jarosław Och. Seiner Meinung nach ist die polnische Gesellschaft in zwei Lager gespalten, die die 26 Jahre nach der Wende völlig konträr bewerten. Die einen haben es geschafft - sie haben heute gute Jobs, verdienen gut, können reisen. Der Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft war in ihren Augen ein riesiger Erfolg. Es gibt aber auch viele Menschen in Polen, die nicht so erfolgreich waren - ihnen hat die Wende Armut, Entbehrungen und sozialen Abstieg gebracht. Sie sehen die letzten 26 Jahre äußerst kritisch. Diese Menschen wurden von der Politik bislang ignoriert. Diese Gruppe hat nach Ansicht des Politikwissenschaftlers der regierenden PiS-Partei zum Wahlsieg verholfen.

    Cezary.Bazydlo, 2/19/2016 10:57:54 PM Uhr

    18.2.2016
    Bei den Dreharbeiten in einer Vorlesung von Dr. Och kann ich mich überzeugen, dass die polnische Gesellschaft tatsächlich gespalten ist: Zwischen zwei Studenten entwickelt sich eine hitzige Debatte über die neue und die alte Regierung.

    Cezary.Bazydlo, 2/19/2016 11:04:28 PM Uhr

    18.2.2016
    Zum Schluss besuche ich das Studentenradio Mors. Chefredakteur Jan Białostocki ist Anhänger der regierenden PiS-Partei. Sie habe einen hervorragenden Wahlkampf geführt, insbesondere im Internet, sagt er. Dadurch habe sie viele junge Menschen für sich gewinnen können. Außerdem schäme sich inzwischen niemand mehr, konservativ zu sein. Konservative Ansichten sein vielmehr in, anders als noch vor wenigen Jahren. Białostocki spricht sogar von einem "Hipster-Konservatismus".

    Cezary.Bazydlo, 2/19/2016 11:14:03 PM Uhr

    18.2.2016
    Studentenradio Mors - Impressionen aus dem Studio.

    Cezary.Bazydlo, 2/19/2016 11:20:58 PM Uhr

    18.2.2016
    Talk-Runde im Studentenradio Mors.

    Cezary.Bazydlo, 2/19/2016 11:22:07 PM Uhr

    18.2.2016
    Modernes Universitätsgebäude in Danzig. Von 1998 bis 2000 war ich selbst Student dieser Universität. Mein Unterricht fand noch in alten Gebäuden aus den siebziger Jahren statt. Inzwischen ist der Campus im Danziger Stadtteil Oliva gewachsen. Die neuen Gebäude können sich sehen lassen. Auch das ist ein Beleg dafür, wie gut sich Polen in den letzten Jahren entwickelt hat.

    Cezary.Bazydlo, 2/20/2016 12:17:18 AM Uhr

    18.2.2016
    Meine Reise endet heute. Bevor mein Kollege Ben Arnold übernimmt, ein persönliches Fazit. Aus der Universität Danzig, an der ich einst selber studiert habe.

    Heute im Osten, 2/20/2016 12:18:15 AM Uhr
    Heute im Osten, 2/20/2016 2:46:00 AM Uhr

    19.2.2016

    Heute im Osten, 2/20/2016 7:21:51 AM Uhr

    19.2.2016
    Meine Reise durch Polen beginnt in Warschau. Ich bin vor allem neugierig auf das Land und die Menschen, die hier leben. Wem werde ich begegnen und was werde ich aus diesen Begegnungen mitnehmen?

    Ben Arnold, 2/20/2016 7:49:56 PM Uhr

    19.2.2016
    In einem Seniorentreff lerne ich Stanislaw Brzostowski kennen. Der fast 96-Jährige redet mich auf Deutsch an. Völlig überraschend holt er ein vergilbtes Ausweispapier aus seinem Spind. Dieses trägt den Titel: Arbeitskarte – Befreiungsschein. Brzostowski, so erzählt er, wurde 1944 aus Warschau nach Deutschland deportiert und arbeitete nahe Hannover als Zwangsarbeiter in einer Zuckerfabrik. Er kam nur knapp mit dem Leben davon, denn Warschau wurde nach dem Warschauer Aufstand fast vollständig durch die Deutschen zerstört. Rund 180.000 Polen starben, die meisten von ihnen Zivilisten. Tatsächlich sagen die Polen heute über Warschau, dass die Stadt nach ihrer fast vollständigen Zerstörung nur aus Trotz wieder aufgebaut wurde. Auch das ist ein Kapitel der deutsch-polnischen Geschichte.


    Ben Arnold, 2/20/2016 11:02:09 PM Uhr

    19.2.2016
    Von den Rentnern in dem Warschauer Seniorentreff haben viele PiS gewählt. Die Älteste ist hier bereits 99 Jahre alt. Von der Rente allein kann kaum einer von ihnen leben. Deshalb waren die Hoffnungen in die neue Regierung zunächst groß. Besonders die Zusage, dass alte Menschen mehr Zuschüsse für notwendige Medikamente erhalten würden, überzeugte zumindest hier viele. Doch langsam zeigen sich die Alten enttäuscht. Es sei so, wie bei jeder Wahl, sagen sie. Zunächst würden große Töne gespuckt, nur umgesetzt würden die Versprechen nie.

    Ben Arnold, 2/20/2016 11:40:54 PM Uhr

    20.2.2016
    Wir besuchen Andrzej Packo zu Hause. Der 60-Jährige ist arbeitsunfähig und bekommt gerade einmal eine Rente von 640 Złoty im Monat, das sind umgerechnet 160 Euro. Nach Miete, Strom und den nötigsten Lebensmitteln ist das Geld weg. Er kann es sich nicht einmal leisten, seine Wohnung zu heizen, in den Ecken wächst Schimmel. Am liebsten würde er umziehen, doch seine Anträge wurden von der Gemeinde immer abgelehnt. Letzten Herbst bekam er dann Besuch von einem PiS-Politiker. Dieser sagte, wenn Du PiS wählst, werden wir Dir eine neue Wohnung besorgen. Der Abgeordnete ließ eine Visitenkarte da. Als Packo nachfragte, was aus den Versprechen würde, wurde er abgewimmelt.

    Ben Arnold, 2/21/2016 6:39:07 AM Uhr

    20.2.2016
    Auf einem Marktplatz in Warschau.

    Ben Arnold, 2/21/2016 6:55:45 AM Uhr
    Ben Arnold, 2/21/2016 8:09:14 AM Uhr

    20.2.2016
    Anita bezeichnet sich selbst als liberal. Erfolg und Selbstverwirklichung sind ihre Ziele. Wählen war sie jedoch nicht, wie so viele junge Polen. Die Wahlbeteiligung betrug letzten Oktober gerade einmal 51,6%. Auch das beeinflusste den Erfolg der PiS-Partei. Die liberalen Parteien konnten ihre Wähler nicht mobilisieren.

    Ben Arnold, 2/21/2016 10:04:23 PM Uhr

    20.2.2016
    Hier geht es am Samstagabend nicht um Politik – in Warschau wird gefeiert, ohne Wenn und Aber. Im Club „The View“ trifft sich, wer es in Warschau zu was gebracht hat. Auf der Karte stehen Champagner und Vodka für mehr als 100 Euro die Flasche.

    Ben Arnold, 2/21/2016 10:15:15 PM Uhr

    21.2.2016

    Heute im Osten, 2/23/2016 5:23:42 AM Uhr

    21.2.2016
    Wir fahren weiter in den Osten von Polen. Nach Wysokie Mazowieckie. Die landwirtschaftlich geprägte Region wird umgangssprachlich auch als Polen B bezeichnet. Ostpolen gehört zu den strukturschwächsten Regionen Europas, von dem polnischen Wirtschaftswunder ist vor allem auf den Dörfern wenig zu spüren.

    Ben Arnold, 2/23/2016 6:10:18 AM Uhr
    Heute im Osten, 2/23/2016 6:35:00 AM Uhr

    21.2.2016
    Wir sind zu Gast in der Molkerei Mlekovita, dem größten Milchverarbeitungsbetrieb in Polen. Stolz erzählt man uns, dass man die Lizenz habe, in 116 Länder zu exportieren. 30% aller Produkte gehen in das Ausland. Auch Mlekovita hat lange von europäischen Fördermitteln profitiert. Der Betrieb konnte wachsen. Mitten in einer der ärmsten Regionen Polens wurden so Tausende Arbeitsplätze geschaffen.

    Ben Arnold, 2/23/2016 8:30:51 AM Uhr

    Die EU-Subventionen sollen die strukturschwache Woiwodschaft Podlachien stärken. Doch trotz der europäischen Geldspritze ist die Skepsis gegenüber Europa hier besonders groß. In eineigen Ortschaften des Ostens fielen mehr als 80% der gültigen Stimmen PiS zu.

    Ben Arnold, 2/23/2016 8:31:17 AM Uhr

    21.2.2016
    Krzysztof Gieraltowski ist Landwirt in der vierten Generation. 170 Kühe stehen in seinem Stall, 90 davon sind Milchkühe. Auch er hat sehr von den EU-Subventionen profitiert. Die Traktoren in seiner Scheune sind zu 50% mit EU-Geldern finanziert.

    Ben Arnold, 2/23/2016 8:36:14 AM Uhr

    21.2.2016
    Seine Milch verkauft Krzysztof Gieraltowski an die Molkerei Mlekovita. Die ganze Region profitiert vom Erfolg des Unternehmens. Krzysztof Gieraltowski erklärt mir, dass die Menschen der Region nicht gegen Europa gewählt hätten. Sie hätten nur Angst davor, dass ihr Land an Souveränität verlieren könnte. Die Entscheidungen sollen aus Warschau kommen, nicht aus Brüssel. Diese Angst scheint historisch bedingt. In der Geschichte stand Polen immer wieder unter Fremdherrschaft. Die erst 1989 zurückgewonnene Eigenständigkeit und die nationale Identität ist vielen Polen äußerst wichtig. Man wolle darüber reden, wie Europa gemeinsam gestaltet werden könne, anstatt gesagt zu bekommen, wie Europa zu funktionieren habe.

    Ben Arnold, 2/23/2016 9:47:26 AM Uhr
    Reportage zur Winterreise online
    Wie schlagen sich die politischen Veränderungen in Polen im Alltag der Menschen nieder? Sehen Sie dazu auch unsere Reportage in der MDR Mediathek.

    Willem de Haan (MDR), 3/1/2016 9:21:19 AM Uhr
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